Kreistagssplitter: Landrat der Ukraine?

Kreistagssplitter: Landrat der Ukraine?

„Menschlichkeit, Zivilcourage und Solidarität sind Grundzüge der Thüringer Bürger und auch Eigenschaften der Bürger des Landkreises Nordhausen. Sie, Herr Landrat Jendricke, vertreten diese Bürger! Diesen Bürgern gilt Ihre erste Verpflichtung und Ihr erster Vertretungsauftrag.“ Mit dieser Eröffnung begann gestern die AfD-Fraktion ihren ersten Redebeitrag im Kreistag. Diese Sätze verdeutlichen bereits das neue alte Dilemma des Landrates, der sich mehr als Legat der Landesregierung empfindet, denn als Bürgervertreter…

Ich möchte hier nur einen „Splitter“ als Eindruck der Kreistagssitzung vermitteln und ich werde mich hier so kurz wie möglich halten. Dem Entsetzen, Enttäuschung und stellenweise Empörung der Fraktion möchte ich hier den Raum gewähren, den die Presse in ihrer üblichen Reflektion nicht darstellt.

Der Landrat begrüßte in der letzten Kreistagssitzung die Waffenlieferungen an das ukrainische Militär. Dies kann er privat gerne tun, aber seine Obliegenheit als Landrat ist es nicht. Erschreckend bleibt es allemal, denn im Weiteren kümmert sich Herr Jendricke nur um die Wirkungen einer kriegerischen Auseinandersetzung. Diese Wirkung besteht in den Flüchtlingsströmen zu uns, die nicht komplett freiwillig erfolgen, sondern auch stellenweise einer Flucht von unbestreitbar unschuldig in Not geratenen Menschen darstellt. Eine Unterstützung des internationalen Roten Kreuzes und anderen humanitären Organisationen, die in den Anrainerstaaten tätig sind und dort die Menschen in der Nähe ihrer Heimat betreuen, ist keine Option für den helfenden Landrat. „Diese Menschen müssen nach Thüringen“ hat Erfurt und Berlin gesagt und der Landrat macht, was ihm gesagt wird.

Das hier ein Landkreis bereits im dritten Jahr der Pandemie-Maßnahmen steckt, spielt keine Rolle. Kurzarbeit und große Probleme in der mittelständigen Wirtschaft – spielt keine Rolle. Hohe Strom- und Gaspreise spielen keine Rolle. Ebenso die spürbare Inflation und eine überall deutliche Ermattung der Bevölkerung. Lockerungen der Maßnahmen? Nach dem Willen seiner Partei nicht möglich und der Landrat geht davon aus, dass es im Herbst weiter geht.

Aber derart profane Themen stören nur beim Denken in den großen Dimensionen der Weltpolitik.

Wenn die Aufnahmefähigkeit von Flüchtlingen in der „oberen Grasmühle“ bis Rothesütte erschöpft sind, wenn es kaum noch leerstehende Hotelzimmer und Wohnungen gibt, dann sagt man nicht etwa STOPP. Nein, dann werden Mittel und Möglichkeiten gesucht, die Kapazitäten mit Steuergeldern zu erhöhen. Und was da noch in eigenartiger Weise im nicht-öffentlichen Teil besprochen wurde, kommt dem Bürger teuer. Alles wird gefördert von Erfurt: „SOS“ sagt man, aber letztlich ist es des Bürgers Steuergeld das hier – ohne zu Fragen – von der Minderheitsregierung verbraucht wird.

Die Antwort auf die Frage, ob es hier um eine zeitlich begrenzte oder dauerhafte Lösung geht, wird durch die die Möglichkeit der Erwerbsform gegeben. Der Landkreis kauft ein. Angeschafft wird nur für die dauerhaften Lösungen, alles andere würde man mieten. Permanenter Unterhalt, permanente Instandhaltung – wie immer durch eine zu allem fähige kreiseigenen VEB-Gesellschaft – das klingt für uns nach Geschäftsmodell und nicht nach humanitär.

Humanismus wird in den Grenzregionen des Konfliktes gelebt. Zum Geschäftsmodell werden dagegen die 21 registrierten Konflikte dieser Welt mit dato zwölf Millionen Menschen in Fluchtbewegung. Da mangelt es nicht an sarkastisch ausgedrückten Bedarfsanfragen. Da findet sich etwas.

Lapidar war da die Diskussion zur ersten Lesung des Haushaltes. Großes Denken wird hier dann wieder klein geschrieben. Wie gewohnt:  es stehen die finanziellen Interessen des Landkreises für die ihm übertragenen Aufgaben gegen die finanziellen Interessen der Gemeinden, gegen die finanziellen Interessen der Städte und alle gemeinsam gegen die Interessen des Landes.

Der Landeshaushalt wurde mit voller Mehrheit der Minderheitsregierung und tätiger Steigbüglhaltertätigkeit der CDU durchgewinkt. Das ist Erfurt glücklich und die Städte, Gemeinden und Landkreise weiter unterfinanziert.

Das hält die CDU nicht ab den Haushalt zu kritisieren.

Die Forderungen unserer Fraktion nach Inflationsausgleich, Schuldenschnitt oder großzügiger Sonderunterstützung für das einfache Landvolk verhallen ungehört. So hält sich Landesverordnungs diktierende Herr Ramelow bei den durch die Maßnahmen betroffenen und in der Leistungserbringung und im gesellschaftlichen Leben beeinträchtigten Bürgern einfach schadlos.

Im gleichen Atemzug ist sich aber die Einheitsfront der sich gegenseitig stützende Minderheitslösung auf Gnaden der CDU nicht zu schade, dem Volk 100 Milliarden für Kriegskredite abzusparen.

Nein, nicht für die Mindestrenten, nicht für die Deckelung von Energiekosten und nicht für den kostenlosen ÖPNV. Für den Krieg wird das Land gerüstet. Der Landrat ist ja schon mal für Waffenlieferungen und nimmt die Vertriebenen dann auf. Nicht der dringend nötige Frieden steht auf der Agenda der politisch so Desorientierten ganz oben. Ganz oben steht die blinde, kritiklose Gefolgschaft im transatlantischen NATO-Bündnis der USA.

Als Partei, die zur Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus steht, aber eine vererbte Schuld ablehnt, ist dies alles schwer zu ertragen. Wenn jetzt noch die russischen Vertreter der ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora ausgeladen werden, dann können wir uns als Alternative für Deutschland nur noch für diese Meinungselite schämen.

Da hört man schon Stimmen, das man nach dem impffreien Bürger, dem genderfreien Bürger, dem national-bewussten Bürger, nun im Focus der Geleichschaltung auch den auf Frieden- und Ausgleichbedachten Bürger in seiner Ausgrenzungs-Stigmatisierung begrüßen kann.

So trifft die vermeintlich große Politik auf das Säbelrasseln in den Kommunen.

Ach ja, zum besinnlichen Abschluss die „Splitter“: unter Mitwirkung der Fraktionsvorsitzenden gelang mit der Gemeinde Sollstedt ein Kompromiss zur Sanierung und Verbleib der dringend nötigen Schwimmhalle.

Landrat und der Bürgermeister der Gemeinde zieren sich noch um den Vortritt, um als „Neptun“ beim nächsten Schwimmbadfest aufzulaufen.

Uns freut es für die Bürger und möge die kleine weiße Friedenstaube endlich aufsteigen können in diesen populistischen Zeiten, um der Vernunft und dem Verstand einen Weg zu bahnen.

PS: ist das mit der weißen Taube nach Mainstream noch korrekt? Schreiben Sie mir doch bitte Ihre Meinung dazu.

Ihr Jörg Prophet