Selbst die doch eher unpolitische Nordhäuser Wochenchronik hat es erkannt: der 3. Oktober – ein Gedenktag ohne Gedenkort, ein Gedenktag ohne Verwurzelung in der Gesellschaft.

Für jeden Deutschen, zumindest für jeden Mitteldeutschen, ist der 9. November der Tag des Mauerfalls. Der Tag, an dem das System von PDS und LINKEN – und wie sich die SED noch nennen mag -, den bürgerlichen Freiheitswillen nicht mehr unterdrücken konnte. 40 Jahre Schießbefehl, politische Gefängnisse, Meinungsterror, Bevormundung, Berufsverbote und Wahlbetrug fanden im „Mauerfall“ ihr logisches Ende.

Es war nichts mehr zu halten. Selbst dem unpolitischsten Bürger war angesichts der ökonomische Krise des real existierenden Sozialismus klar: dieses System hat abgewirtschaftet. Neue Kräfte übernahmen ein bankrottes System. Stasi, Polizei, Armee – eine spürbare Kraft zur Erhaltung der Diktatur der LINKEN war nicht zu vernehmen. Zu sehr hatte man sich entfernt, zu sehr war die Schizophrenie der Gesellschaft gediehen. Im Familienkreis sprachen auch die Genossen die Erkenntnisse der realen Unterdrückung und der realen Misswirtschaft aus.

Der Ort, der all das als Schmelztiegel der Weltgeschichte manifestierte, war die sächsische Stadt Leipzig. Hier kam es zu den machtvollen Demonstrationen, hier solidarisierte sich noch eine Religionsgemeinschaft der Aufrichtigkeit mit dem antikommunistischen Widerstand, hier halfen Christen aufbegehrenden Atheisten im Kampf und in der Wertefindung des Lebens.

Ich bin dankbar, dass ich diesen Teil der deutschen Geschichte miterleben durfte. Ich bin aber auch dankbar, dass ich heute erkenne, mit welcher Distanz diesem geschichtlichen Großereignis von den heute Regierenden begegnet wird. Schon die Findung des Datums ist Ausdruck der bürokratischen Sachstandsverwaltung. Man fragt sich angesichts der Leidenschaftslosigkeit und der Phrasen: wem oder was soll hier eigentlich NICHT gedacht werden?!

Ist es die Option eines friedlichen, eines bürgerlichen Umschwunges? Ist es die Tatsache, dass wir zum 30-zigsten Mal feststellen, dass mit diesem Tag das Grundgesetz eigentlich endete und seitdem eine Verfassung des Deutschen Volkes überfällig ist? Soll vergessen werden, was Carlo Schmid im Jahr 1947 in Stuttgart formulierte? Oder sollen Ähnlichkeiten unterbewerte werden?

Leipzig ist heute Dresden? Verfassungsschutz wird politisch beeinflusst? Meinungsfreiheit, Berufsfreiheit, Gängelung??? Findet das heute alles wieder seine Entsprechung ?

Dies kann jeder Bürger für sich entscheiden. Der 3.Oktober – wieder ein Feiertag, der nicht aus der Mitte des Volkes kommt; er reiht sich ein mit den nicht gefeierten Feiertagem wie der 17. Juni und 13. August.

Nichts ist für immer und bis zur Änderung ist es nur peinlich.

Ihr Jörg Prophet