Die AfD im Nordhäuser Stadtrat wird dem Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Statt Gestaltung gehe es um das simple Verwalten. Auf drastischen Einwohnerschwund würde es gar keine Antwort geben, wie auch auf die drängenden Probleme für die Bürger…
Gegenstand der Abstimmung ist der vorletzte Haushalt, den Oberbürgermeister Kai Buchmann in seiner aktuellen Wahlzeit einreicht. Wie bekannt, wird im Jahr 2023 ein neues Stadtoberhaupt gewählt, und da steht uns ein turbulenter Wettbewerb um des Bürgers Gunst und Stimme bevor. Man kann davon ausgehen, dass der dann zu diskutierende Haushaltsentwurf noch mehr als dieser Spuren der Wiederwahl-Ambitionen beinhalten wird.
Um den Bürger besser zu informieren und da auch in diesem Jahr der Bürger von der Diskussion ausgeschlossen war, hier eine kurze Einleitung zu so einer Haushaltsdiskussion.
Mehrschichtiges Problem
- Im mit Hilfe der CDU durchgewinkten Landeshaushalt wieder die geduldete oder gewollte Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden – man spricht hier im Städte- und Gemeindetag von über 100 Millionen Euro Unterfinanzierung. Fördergelder sind dabei Mittel zum Zweck, damit die Minderheitsparteien ihre Landeshoheit bis in die letzte „Bushaltestelle“ manifestieren.
- Dann ist da die 600-seitige Thüringer Kommunalordnung, die durch viele, viele Ergänzungen des Landesverwaltungsamt ein derart starres Gerüst bildet, dass es kaum Interpretationsspielräume für eigene spezifische Wünsche der Kommunen gibt.
- Erarbeitet und entwickelt – ohne jede Beteiligung von Bürger und Rat – dann der Haushaltsentwurf der Verwaltung mit dem Blick auf die vom OB gesetzten Befindlichkeiten und Bedürfnisse.
- Der Bürger wurde nicht gefragt.
Völlige Intransparenz gegenüber Bürger und Räten
Die ehrenamtlichen Stadtratsmitglieder sitzen somit letztlich vor einem 1.000-seitigen Werk und sind aufgefordert, ihrem Bürgerauftrag zu entsprechen und sich nach bestem Wissen und Gewissen eine Meinung zu bilden.
Nun vermutet der Bürger, dass der ehrenamtliche Stadtrat vom Oberbürgermeister ehrlicher- und fairerweise zunächst informiert wird, welche Bedarfe die einzelnen Fachbereiche angemeldet haben um ihren Aufgaben verantwortlich zu entsprechen, bzw. dass es für die Bereiche von Straße bis Kindergarten zumindest jeweilig gültige Prioritätenlisten gibt, nach deren sich die Budgetplanung richten. Vielleicht denkt der Bürger auch, dass es für die Räte detaillierte Vergleiche zu anderen Kommunen gibt, die eine Einschätzung nach Verhältnismäßigkeit ermöglichen, oder dass es Kennzahlen zur Beurteilung der Effektivität und Effizienz gibt, um das geleistet der Fachbereich zu bewerten. Oder ein Zufriedenheitsindex vorliegt, der die Bürgerwahrnehmung beziffert – denn man spricht mittels Haushalt über einen Dienstleistungsauftrag für den Bürger.
Weit gefehlt!
Die Nordhäuser Realität ist eine andere. Beim ersten Haushaltsentwurf, der ohne Zutun des Stadtrates Gestalt annahm, geht die Verwaltung in sich und folgt jedes Jahr der gleichen Logik, die darin besteht, dass man zum Beispiel bei den Einnahmen ein bewusst schlechtes Bild zeichnet und bei den eigenen Ausgaben ein Maximum unterstellt wird. Personal wird angeblich in Größenordnung für ständig neue Aufgaben benötigt, und überhaupt sind es viel zu wenige Mitarbeiter – so die Hausleitung.
Dieses erste Szenario wird dann nach entsprechender Kritik verbessert, so dass man mit den Stadträten eine freie Summe verhandeln kann. Jetzt schlägt aber die Stunde der regionalen Verpflichtungen und Verflechtungen, und die Fraktionen erhalten hier ein bisschen Spielplatz mehr, dort einen Rasenplatz, dort ein irgendwas. Und alle sind glücklich, außer der betroffene Bürger.
Da es der Haushalt ist, mit dem der OB wohl in den Wahlkampf gehen wird, haben wir als AfD geprüft, welcher „Geist“ diesen Haushalt prägt.
Hohe Fluktuation, hoher Krankenstand und gestörte Kommunikation
Nach wie vor prägend ist die seit einigen Jahren spürbare hohe Fluktuation unter der Belegschaft des Rathauses, wie auch der nach wie vor hohe Krankenstand. Beides könnten Indizien auf die herrschende Unternehmenskultur sein. Dass diese und die vertikale Kommunikation innerhalb der Stadtverwaltung gelinde gesagt gestört ist, kann man in Ausschusssitzungen mit den Händen greifen. Leider verursachen hoher Krankenstand, hohe Fluktuation und gestörte Kommunikation erhebliche Kosten, die wiederum der Bürger zu tragen hat. An einer Besserung der Situation scheint der Verwaltungsspitze aber nicht gelegen zu sein.
Diesem Führungs- und Qualifikationsmanko ohne Gespür bzw. Leidenschaft für mehrheitstaugliche Gemeinziele mag auch geschuldet sein, dass man trotz rapide fallender Einwohnerzahlen an der Stadtspitze mit einer stetig wachsenden Personaldecke reagiert, anstatt für eine kreative, motivierte und leistungsbereite Mitarbeiterkultur zu arbeiten. „Verwalten statt gestalten“ – das ist ebenfalls der vorherrschende Geist. Man sieht es der Stadt an.
Nur Nebenrolle für den Stadtrat
Diesen Geist bekommen auch die Stadträte zu spüren: Sichtbar schlägt er sich im Organigramm der Stadtverwaltung nieder, wo der Stadtrat auch grafisch nur eine Nebenrolle bekommt, in Verdrehung der kommunalrechtlichen Gegebenheiten. Auch auf der Internetseite der Stadt Nordhausen werden die Räte der Stadtverwaltung untergeordnet – eben nur störendes Beiwerk.
Auch der Ältestenrat, zusammengesetzt aus dem Oberbürgermeister und den Fraktionsvorsitzenden – in anderen Städten eine gern genutzte Diskussionsplattform zur Vorbesprechung des Machbaren über alle Fraktionen hinweg – wird insbesondere vom OB, der ohne jeden Fraktionsrückhalt auskommen muss, konsequent nicht genutzt.
Dieser Geist der Missachtung fand Ausdruck, als der Oberbürgermeister dem Stadtrat einen fast vollständiggeschwärzten Antikorruptionsbericht übergab. Oder war es autoritäres Machtgehabe wie in jenem Fall, als der OB kritischer Berichterstattung mit der gesamten Sperrung einer Internetzeitung begegnete?
Es ist derselbe autoritäre, demokratiekritische und wenig selbst reflektierende Geist, der mit derNachbargemeinde Harztor um die Baugenehmigung eines bereits bestehenden Baumarktes sinnlose Scharmützel kämpfte, oder dessen Erfüllung in einem jetzt leerstehender Thomas-Mann-Klub seine Befriedigung fand, aus dem man zuvor Vereine hinaustrieb; eine seit Jahrzehnten existierende Vereinskultur wurde so mit Füßen getreten. Eine so dringend nötige wie selbstverständliche Toilette amHauptbahnhof hat es da noch nicht in die Wahrnehmung geschafft.
Es ist der „Verwalten-Statt-Gestalten-Geist“, der für die Stadthistorie einst prägende Orte wie den Lindenhof, Walkenrieder Hof oder das Waisenhaus (erfolglos) auf den Markt wirft – alles muss raus. So wird verkauft, was auch nur im Ansatz nach Arbeit riecht und Kreativität erfordern würde.
Verwalten statt gestalten – das ist jede Herangehensweise, die die städtische SWG in einen Abriss nach dem anderen schickt, für zigtausende Euros Parkhäuser ohne Bürgerbeteiligung und Akzeptanz und damit am Ende für den Papierkorb planen lässt.
Statt sich um die Kernaufgabe zu kümmern, nämlich bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wirkt die SWG wohl aus falschem Ehrgeiz lieber im Hochpreissgement und tritt in Konkurrenz zu privaten Immobilienentwicklern. Gleichzeitig eliminiert sie Parkplätze, um die Mieter in Parkhäuser und weitere Verträge zu zwingen. Andere, wohl aufgrund der sozialen Struktur, weniger „wichtige“ Stadtteile wie Salza, bleiben völlig unbeachtet. Hier hat man als einzige Antwort auf den demografischen Wandel wahrscheinlich nur die „Abrissbirne“ übrig.
Druck aus dem Stadtrat verhinderte Schlimmeres
Es bedurfte schon erheblichen Drucks durch den Stadtrat, dass nun endliche die Sanierung der Wallrothstraße angegangen wird. Bisher vergeblich bleibt allerdings nach wie vor die Priorisierung des Kampfes gegen den Vandalismus – und das sieht man der Stadt an. Stattdessen schickt die Stadtspitze die Kollegen des Ordnungsamtes in die „Parkraumbewirtschaftung“. Auch diese wieder unter völliger Verkennung dessen, was den Bürgern tatsächlich unter den Nägeln brennt.
Die Wirkung dieses geschilderten Geistes bleibt nicht aus: So ist Nordhausen die einzige Stadt, die rapide Einwohner verliert, während der Landkreis Einwohner gewinnt. Oder steht dies im Zusammenhang von verloren Arbeitsplätzen bei Eaton und Co?
Der Oberbürgermeister gibt sich selbstbewusst: Ihm allein, so behauptet er, gebührt Dank für den 10jährigverspäteten Bau der Feuerwehr und der Sanierung des Theaters. Dass allerdings die Kosten um Millionen und zulasten der Steuerzahler förmlich durch die Decke gehen, schiebt er auf die Konjunktur. Man hätte auch schlüsselfertig zum Festpreis beauftragen können, oder? Dass die Stadt beim Theater in diesen Tagen nochmal 1,7 Millionen an Eigenanteil drauflegen muss, wird dem Bürger erst später klar.
Das ist Geld, das an anderen Stellen fehlen wird, auch in den rege eingemeindeten Ortsteilen. Auch dort ist das Grummeln gut hörbar ob der oft fehlenden Beachtung und Einbindung. Lediglich als Einwohner-Beschaffer war man wohl gut genug.
Ein Oberbürgermeister ist auch der erste Werbeträger für die Stadt und sollte das Positive, das Attraktive und das gemeinsam zu erreichende Mögliche verkörpern, sollte als erster Bürger der Stadt mit dem Stadtrat zusammen den Bürgern der Stadt dienen und nicht erstrangig sich und die Verwaltung vor dem Bürger abschotten. Wir vermissen Präsenz – nicht nur bei den Ministerien in Erfurt – Elan und Ideenreichtum. Wie viele Bürger sind wir enttäuscht, dass seine großen Wahlversprechen nicht im Ansatz Realität geworden sind. Statt, wie von ihm populistisch angekündigt, Steuern zu senken, wurde zum Beispiel ohne jede Abstimmung mit dem Stadtrat vorgeschlagen, den Eltern der nächsten Generation einen höheren Beitrag zur Essensversorgung zumuten. Glaubwürdige Politik sieht anders aus!
Forderungen der AfD:
Wir als AfD sind uns bewusst, dass es an Mehrheiten für unsere Vorschläge auch in diesem Jahr mangeln wird– nicht aus sachlichen Gründen, sondern als Ergebnis einer ideologischen Verweigerung – bleiben wir weiter an unseren Themen und werden diese soweit möglich voran bringen:
- Als Grundlage jedes Handelns und Planens bedarf es öffentlich abgestimmter Prioritätenlisten, die es dem Bürger ermöglichen, das wenige Machbare nach den Notwendigkeiten zu ordnen: Wege, Plätze, Straßen, Museen, Vereine, Kultur, Sportstätten, Digitalisierungen, und und und.
- Die Kindergärten gehören zurück in das städtische Aufgabengebiet. Trotz vorhandenen Personalamtes, trotz des schon bestehenden Eigentum an den Immobilien und deren Unterhalt, wird das Wohl der Kleinsten wegdelegiert und als Bezahldienst an Externen vergeben. Die Mitarbeiter der Einrichtungen müssen sich demzufolge auch als städtische Angestellte empfinden und haben damit natürlich auch die Eingruppierung in den städtischen Tarifvertrag verdient. Damit sind Siedann ordinäre Angestellte der Stadt und Ihrer Bürger und nicht Arbeitnehmer fremder Organisationen.Prinzipiell geht hier Verantwortung vor Wirtschaftlichkeit, wobei Umlandgemeinden mit dem Wechsel der Trägerschaften beide Ziele zum Wohle aller vereinen können.
- Die SWG wollen wir stärker als wichtiges Instrument einer ausgewogenen Stadtentwicklung in der kommunalen Familie verankert sehen. Abriss als einziges Mittel für die Angebotsanpassung um den Mietzins stabil oben zu halten lehnen wir als unsozial ab. Man hat sich auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren und nicht mit der Kraft des sozialisierten Risikos in Gebieten der Privatwirtschaft zu wildern und damit Marktverzerrungen zu generieren. Grundsätzlich gilt es, Angebote zu erarbeiten, um die Mieter der SWG unter Nutzung günstiger Konditionen die Mietobjekte auch zum Erwerb anzubieten. Nur so ist eine – wenn gewünscht – hohe Wohneigentumsquote zu erreichen, die ein Mindestmaß von Kapitalbildung als spekulationsfreie Vorsorgemaßnahme für jeden Bürger ermöglicht – auch für den Durchschnittsverdiener!
- Die Zuordnung der Kosten für den laufenden Betrieb und Unterhalt der Theater GmbH als freiwilligeLeistung der Stadt muss beendet werden. Die Stadt als größter Gesellschafter erbringt hier eine wichtige Leistung weit über die Grenzen der Stadt und des Landkreises hinaus, ja sogar mit Strahlkraft in benachbarte Bundesländer. Die Stadt muss sich dafür einsetzen, dass die Finanzierung der GmbH auf breitere Schultern verteilt wird.
- Wirtschaftsförderung muss gelebter Dialog mit den mittelständigen Unternehmen werden. Diese sind mit Gewerbesteuer A und B und resultierenden Anteilen an der Einkommenssteuer wesentliche Finanzstütze des Haushaltes. Der sang und klanglose Abgang von EATON sei nach Reemtsma als mahnendes Beispiel genannt. Genauso wie das leerstehende Industriegebiet und die zusehends leidende Einzelhandelslandschaft.
- Das Anlagevermögen der Stadt mit all seinen Liegenschaften und Beteiligungen muss durch eine aktuelle Bewertung geprüft werden. Dem schleichenden Verfall des öffentlichen Anlagevermögens (Straße, Plätze, Wege, Gebäude etc.) muss gestoppt werden. Unser mehrheitlich abgelehnter Antrag zur Erstellung einerPrioritätenliste zur Sanierung der InfraSTRUKTUR wäre dabei ein erster Schritt gewesen.
- Ein überholtes Stadtentwicklungskonzept steht den tatsächlich vorhandenen Bedürfnissen des fließenden und des ruhenden Verkehrs diametral gegenüber. Attraktive Wohngebiete auch für Normalverdiener ausweisen und Anreize zur Lückenbebauung müssen gleichwertig bearbeitet werden.
- Wir wollen das Konzepte, wie das aktuell unter Druck stehende Prinzip der kommunalen Familie zur Subvention defizitärer Bereiche wie Badehaus, Theater und ÖPNV gesichert werden. Hier sehen wir aktuell leider nur ein stoisches „weiter so“. Mitarbeiter temporär oder auf Dauer in die Kurzarbeit zu verschieben und bei gleichzeitig unverändertem Zugang von Subventionen eine positives Betriebsergebnis zu generieren, ist kein tragfähiges Geschäftsmodell – es ist Augenwischerei.
- Die Stadtverwaltung muss endlich in den Dialog mit der Bürgerschaft treten. Viele drängende Sorgen der Bürger und der Wirtschaft – Probleme bei Bildung, Sorge um Ordnung und Sicherheit, Bezahlbarkeit von Energie, Unausgewogenheit bei der Migration – werden vom Rathaus ignoriert. Es gibt keine Gesprächsangebote, keine Debatten im Vorfeld von weitreichenden Entscheidungen.
- Und natürlich braucht die Stadt keine zweiten hauptamtlichen Beigeordneten. Fähige Amtsleiter haben wir genug.
Letztlich müssen einbrechenden Einwohnerzahlen zum wichtigen Thema werden. Die Negativ-Bilanz resultiert nicht nur aus dem Defizit zwischen Geburten und Todesfällen. Viele Menschen – von jung bis alt – verlassen Nordhausen.
Ein Haushalt ist ein Mittel zum Zweck um vom Verwalten in das Gestalten zu kommen.
Dem Landeshaushalt muss man Forderungen für das Wohl der Bürger stellen und sich nicht mit gönnerhaften Förderungen begnügen. Geld ist doch für Alles da.“
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