Die vierte Gewalt in einer Demokratie ist die freie Presse! Dieser unumstößliche Grundsatz ist keine Kampfansage gegen jemanden, sondern das Versprechen an die Bürger, dass es immer ein kritisches Hinterfragen der Verhältnisse, Entscheidungen und Beschlüsse der Amtierenden in Stadt, Land und Bund geben wird.

Seit Anfang des Jahres darf die Internetseite NNZ nicht mehr von den Mitarbeitern der Stadtverwaltung abgerufen werden. Ein Sperr-Hinweis verhindert den Besuch, der sonst wohl nur bei illegalen Downloads, Shopping-, Porno- oder extremistischen Webseiten erscheint. Damit werden die seit 20 Jahren bestehenden und wahrscheinlich reichweitenstärksten Lokalnachrichten ausgesperrt.
Der Grund: die Stadt stehe „für Vielfalt und gegen Vorurteile, Hass und Hetze“. NNZ-Herausgeber Peter Greiner sagte im Gespräch mit MDR THÜRINGEN, dass er in der Sperrung eine Retourkutsche des Oberbürgermeisters sehe. Er und ein weitere Redakteur waren von Buchmann wegen Geheimnisverrats angezeigt worden, weil sie aus einem Anti-Korruptionsbericht der Stadt zitiert haben sollen. Das Verfahren war nun Ende 2020 eingestellt worden.
Natürlich sollen die Verwaltungsmitarbeiter nicht während der Arbeit im Internet „surfen“. Jedem Arbeitgeber steht es frei, Seiten zu sperren. Pikant ist allerdings, dass die NNZ nun auch keine Pressemitteilungen mehr erhält. Auch Anfragen der Redaktion werden anscheinend nicht mehr bearbeitet. Ein unhaltbarer Zustand, da die Stadt nach dem Presserecht zu Auskunft verpflichtet ist.

Journalismus ist dabei nicht der Richter über das Gute und Böse, sondern der Faktenlieferant für Wahrheit oder Irrtum. So sollte es sein.
Nun soll es Journalisten geben, die sich eher als Meinungskommentatoren verstehen und so ihrer eigentlichen Aufgabe nicht entsprechen – der mündige Bürger wird es honorieren.

Nun gibt es aber auch Amtierende, die sich dem Journalismus und seinen kritischen Fragen nicht stellen möchten. Bis vor einiger Zeit hat man derart Unbehagen nur in der großen Politik vermutet. Scheinbar ist es dem Zeitgeist geschuldet, die Nachahmung undemokratischer Verhaltensweisen bis in die Provinz zu betreiben. Was für eine Enttäuschung für Transparenz und Offenheit gegenüber dem Bürger.

Wessen Brot ich fress – dessen Lied ich sing, oder Neu-Nordhäuserisch: Wessen Lied ich nicht mag – dessen Zeitung lese ich nicht. Ausgedehnt wird dieser Wille gleich auf alle Beschäftigten der Stadtverwaltung im Rahmen der Ein-Meinungs-Freiheit, Kraft der vom Bürger auf Zeit verliehenen Amtsgewalt.

Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden und so lese ich als Abonnent der Funke-Mediengruppe die Thüringer Allgemeine auch jeden Morgen, was der politische Wettbewerb und der Bürger zu und über unsere AfD denkt und verbreitet.

Das muss mir nicht gefallen, hilft mir aber immer wieder auch für die kritische Selbstreflexion meines Tuns und Handelns. Dies – und das ist dann auch der positive Effekt einer ergebnisoffen geführten Diskussion – bringt mich im besten Falle weiter.

So sollte es jeder – der sich in die Öffentlichkeit begibt – auch mit den Kritikern seines Handelns tun. Ein Pressgespräch wäre ein Podium für eine öffentliche Diskussion gewesen, oder die Kritik entkräftende Wahrheit und Transparenz zu Antikorruption und anderen Bürokratieauswüchsen.

Der NNZ-Redaktion gelang bis dato immer der Spagat zwischen all den sich teilweise widerstrebenden Meinungen. Dass man 22 Prozent der Wähler in ihrem Informationsbedürfnis nicht ausgeklammert, empfinde ich als fair und nicht als AfD-affin. Ein Herr Cott (TA) war und ein Herr Glashagel (NNZ) sind mir jederzeit willkommene Gesprächspartner und ihre Meinung muss ich nicht teilen, werde sie mir aber weiter anhören und akzeptieren.

Der NNZ-Redaktion wünsche ich weiterhin viel Erfolg, die Region braucht Ihren Journalismus und wer sich ins Rampenlicht begibt, braucht auch mal Gegenwind. Den Gegenwind haben sie immer erzeugt und die Redaktion lässt sich nicht in eine Ecke drängen. Wir alle haben ein Grundgesetz und wir Thüringer noch dazu eine Landesverfassung.

Fordern Sie Ihr verbrieftes Recht ein, wir werden Sie an entsprechender Stelle mit kritischen Fragen unterstützen.

Die vierte Gewalt – richtig angewendet – sichert die Bürgerfreiheit.

Ihr Jörg Prophet